Hélène Grimaud würdigt Valentin Silvestrov mit neuem Album "Silent Songs" und Live-Konzert

Hélène Grimaud und Konstantin Krimmel würdigen Valentin Silvestrov
Silent Songs vereint die Stimmen klassischer russischer, ukrainischer und englischer Dichter zu einer »Harmonie geheimnisvoller Macht« (Jewgeni Baratynski)

Das Konzert wurde in Anwesenheit des Komponisten live eingespielt und gefilmt
Es erscheint am 3. März 2023 bei Deutsche Grammophon und wird 
am 21. Januar auf STAGE+ ausgestrahlt

Livekonzert am 15. Februar im Berliner Dom

Ihr neuestes Album widmet Starpianistin Hélène Grimaud dem bedeutendsten Komponisten der Ukraine: Valentin Silvestrov, der im März 2022 aus seiner vom Krieg gezeichneten Heimat floh und derzeit in Berlin lebt.

Hélène Grimaud

Silvestrovs Silent Songs vereinen bedeutende Werke der Dichtung – Verse russischer Klassiker des Goldenen und Silbernen Zeitalters sowie eines bedeutenden ukrainischen Lyrikers, aber auch russische Übersetzungen britischer Gedichte. Baratynski, Jessenin, Keats, Lermontow, Mandelstam, Puschkin, Schewtschenko, Schukowski, Shelley und Tjuttschew sind auf dem Album versammelt.

»Ich finde diese Musik sehr anrührend in ihrer Aufrichtigkeit und Transparenz«, sagt Hélène Grimaud. »Sie ist sehr poetisch, versucht nie, etwas zu sein, das sie nicht ist. Sie hat eine ganz besondere Farbe und Textur. Und natürlich freue ich mich immer zu sehen, wie die Menschen auf sie reagieren.«

Hélène Grimaud entdeckte Silvestrovs Stille Lieder vor fast 20 Jahren für sich, als sie eine Aufnahme des Liedzyklus zum Geburtstag bekam. Schon bald ergänzte sie ihr Repertoire durch eine Reihe von Silvestrovs Klavierstücken und sie hielt Ausschau nach der idealen Stimme für seine Lieder. Als sie dem deutsch-rumänischen Bariton Konstantin Krimmel, Gewinner des Internationalen Helmut Deutsch Liedwettbewerbs 2018,  begegnete, hatte sie sie gefunden. Im August 2022 traten die beiden Musiker mit ihrem Silvestrov-Programm in der Turbinenhalle am Stienitzsee auf, der damals fast 85-jährige Komponist saß im Publikum. Im März war er aus seiner vom Krieg gezeichneten Heimat nach Berlin geflohen. Nun begegneten sich Grimaud und Silvestrov zum ersten Mal. Die Darbietung wurde von Deutsche Grammophon gefilmt. Am 21. Januar ist das emotionale Konzert auf STAGE+ zu sehen. Das Album erscheint am 3. März 2023.

»Als ich anfing, diese Stücke auf meine Konzertprogramme zu setzen, begegnete man mir mit einer gewissen Skepsis«, sagt Hélène Grimaud. »Aber für mich sind wir Interpreten ein offener Kanal zwischen der Welt des Komponisten und der inneren Welt des Publikums. Erst wenn man ein Stück wirklich vorstellt, wenn der Klang hörbar wird, entsteht diese Verbindung zwischen Musiker und Zuhörer, und die ist sehr kraftvoll. Das erlebe ich jedes Mal, wenn ich Silvestrovs Musik spiele, und das ist eine wunderbare Sache.«

Einige Stille Lieder (1974-77) wurden erstmals 1977 in Kiew dargeboten. 1985 dann kam der ganze Zyklus in Moskau zur Uraufführung. »Die Stillen Lieder und mein Klavierzyklus Kitsch-Musik (1977) sind vertontes Schweigen«, erklärt der Komponist. Das Werk markiert Silvestrovs Wechsel von einem führenden Vertreter der sowjetischen Avantgarde zu einem Komponisten von Musik, die in der Tradition von Melodie und Harmonie verankert ist. In seinen reifen Arbeiten nutzt er klare und einfache musikalische Formen – etwa Wiegenlied, Walzer, Nocturne und Serenade –, um das zu schaffen, was er »Metamusik« oder »metaphorischen Stil« nennt, eine Art universelle Sprache. »Ich glaube, dass Musik – auch wenn sie nicht ›gesungen‹ werden kann – dennoch Gesang ist«, sagt er, »keine Philosophie, kein Weltbild, sondern Gesang der Welt über sich selbst und ein musikalisches Zeugnis des Seins.« 24 Lieder umfasst der Liederzyklus und dessen Vortrag dauert fast zwei Stunden ohne Pause. 

Nicht weniger als das emotionale Auf und Ab des menschlichen Daseins findet in den Worten und der Musik von Silent Songs seinen Ausdruck. Das Album eröffnet mit Vertonungen von elegischen Liebesliedern von Jewgeni Baratynski, auf die eine fesselnde Bearbeitung von Keats’ »La Belle Dame sans Merci« in russischer Übersetzung folgt. Zu hören ist auch ein Gedicht des ukrainischen Nationalkünstlers Taras Schewtschenko, das im russischen Zarenreich als Grund für seine Verhaftung und Verbannung angeführt wurde, sowie – um nur einige der zwölf hier eingespielten Stücke zu nennen ¬– Mandelstams »Und ich sag dir mit der letzten Ehrlichkeit«, Puschkins »Eine langweilige Zeit, Augen bezaubern« oder die sehnsüchtigen Zeilen des jung verstorbenen Sergei Jessenin, der zu den populärsten russischen Dichtern des 20. Jahrhunderts zählt.

Hélène Grimaud und Konstantin Krimmel bringen das Repertoire am 15. Februar im Berliner Dom zur Aufführung. Vor Veröffentlichung des Albums erscheinen am 20. Januar und 17. Februar zwei e-Singles aus Silent Songs. Darüber hinaus sind die Musiker am 20. Januar, 24. Februar und 7. April in Videos zu erleben, der letzte Clip kommt zeitgleich mit Veröffentlichung der Aufnahme als LP heraus.

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