Götz Widmann ist ein echtes Unikat. Aber was genau für eins? Jedenfalls eins, das mit „Blütenduft“ ein neues Album veröffentlicht hat und auch wieder schwer auf Tour ist. Weitere Erkenntnisse über das Unikat und Original gibt es im musix-Interview.
musix: Zu Beginn eine Frage von Bayer zu Bayer. Dieses Jahr ist ja der große Liedermacher Fredl Fesl verstorben. Hat dich das betroffen gemacht? Hatte er vielleicht sogar Einfluss auf dein eigenes Werk?
Gotz Widmann: Ich hab Fredl Fesl immer gern gehabt, der war ja auch ein wirklich lustiger Mensch. Meine zentralen Einflüsse waren aber eher Leonard Cohen, John Lennon und Charles Bukowski.
musix: Apropos Werk: Wie würdest du deine Musik nennen? Liedermacherei, Singer/Songwriter, Kabarett … Vielleicht sogar Rock’n’Roll?
Gotz Widmann: Na ja, der offizielle Begriff ist schon Liedermacher, ich hab mich aber mit dem Wort nie so 100% wohl gefühlt. Mit „Liedermacher“ assoziiert man ja doch eher so eine leicht oberlehrerhafte Attitüde, erhobenen Zeigefinger halt. Bei mir war es immer eher der Mittelfinger. Rock’n’Roll ist schon richtig, das Feeling ist jedenfalls da. Heimlich sehe ich mich dann doch am ehesten als Punk, aber halt mit Nylongitarre. Nylonpunk klingt doch ganz gut …
musix: Deine neue Scheibe ist ganz schön vielfältig. Du haust mit „Großkonzern“ sogar einen echten Punkrockkracher raus?
Gotz Widmann: Ja das musste sein bei dem Text. Ich wollte das gefräßige Monster Großkonzern auch musikalisch zum Leben erwecken.
musix: Genialer Titel auch „Trinkerdisneyland“. Worum geht es genau?
Gotz Widmann: Um die ganzen schönen Kneipen, die es nicht mehr gibt. Es gibt Läden, die so liebenswert und inspirierend sind, dass eine gesunde Gesellschaft sie nicht den brutalen Mechanismen der Marktwirtschaft überlassen, sondern erhalten sollte, andere Lebensräume schützen wir doch auch, warum nicht diese wunderbaren Wohlfühlorte. Am besten natürlich an ihrem Standort, aber wenn das nicht geht, sollte man die wirklich besonderen liebevoll abtragen und irgendwo auf der grünen Wiese eine Art Freilichtmuseum bauen, wo man sie wieder zu neuem Leben erweckt. Das wäre ein absolut großartiges Ensemble, ich hab dem jetzt mal in meinem Song den Namen Trinkerdisneyland gegeben. Das würde bestimmt eine Menge Menschen glücklich machen.
musix: Deine Stimme erinnert mich immer wieder an Rio Reiser? Kannst du den Vergleich nachvollziehen?
Gotz Widmann: Er ehrt mich jedenfalls, ich liebe Rio schon seit ich denken kann.
musix: Wie kommst du auf deine Texte? Da fließt doch bestimmt viel Überlegung mit ein?
Gotz Widmann: Ich habe seit über 30 Jahren die gleiche Arbeitsweise, wahrscheinlich hab ich einfach mit 18 zu viel Charles Bukowski gelesen. Ich setze mich an einen Ort, wo ich meine Ruhe habe, seltsamerweise am allerliebsten in Küchen, vorzugsweise nachts wenn alle anderen schlafen und kein Handy nervt und fange an zu schreiben. Das klappt am allerbesten wenn ich dabei einen Kühlschrank leer und einen Aschenbecher vollmache. Ich denke es geht vor allem darum, die Überlegung abzuschalten und es einfach fließen zu lassen.
musix: Und wie kommt es dann zur musikalischen Umsetzung? Oder kommt zuerst die Musik und dann der Text?
Gotz Widmann: Meistens schreibe ich die Texte zuerst, da steckt auch 95 % der Arbeit an einem Song bei mir drin.
musix: Lieber Ironie oder lieber Sarkasmus?
Gotz Widmann: Meinst du Ironie ist feiner und Sarkasmus haut drauf? Ich hab noch nie groß über den Unterschied nachgedacht. Beides zu seiner Zeit.
musix: Lieber akustisch oder lieber elektrisch?
Gotz Widmann: Live immer lieber akustisch. Ich trete eigentlich nur solo auf, und das ist auch gut so, dadurch bekommen die Texte einen größeren Fokus, und um die geht es bei mir nun mal am meisten. Aber wenn ich Alben aufnehme, macht es mir einfach noch viel mehr Spaß mit richtig guten Leuten zusammenzuarbeiten. Da erlaube ich mir dann schon mal den Luxus einer Band.
musix: Bei einem Song wie „leise“ fällt mir Stoppok als Vergleich ein. O. K. für dich?
Gotz Widmann: Ich liebe Stoppok, bei leise hab ich aber eher beim Machen an Portishead gedacht. Lustigerweise hat mich Stoppok aber zu dem Text von „Verkacken mit Verstand“ inspiriert. Das ist schon paar Jahre her, da waren wir mal zusammen auf Tour und saßen nach einem Konzert noch zusammen. Er hat mir dann erklärt, dass ein kleiner Rausch so was Wunderschönes ist, dass er sich fest vorgenommen hat, nie in einen Zustand zu geraten, wo man es so brutal übertrieben hat, dass man komplett damit aufhören muss. Das fand ich sehr weise, und als ich an dem Song saß, fiel mir dieses Gespräch wieder ein. Hab mich noch gar nicht dafür bedankt, ich glaub, ich muss ihn mal wieder anrufen.
musix: Mit dem neuen Album geht es ja auf ausgedehnte Tour. Fast jeden Tag eine Show. Wie bewahrt man sich da die Freude am Livespielen und vermeidet, dass es in Stress ausartet.
Gotz Widmann: Das macht mir einfach Spaß. Nervig am Touren ist nur die Fahrerei, anstrengend sind eigentlich nur die vielen Parties, in die man reinrutscht, da ist man manchmal am nächsten Morgen energetisch nicht so ganz auf der Höhe und muss trotzdem weiter. Die Bühne ist die Belohnung für das alles. Ich liebe es einfach und grade mache ich auch jeden Abend ein neues Programm, das entsteht in Interaktion mit dem Publikum, dadurch bleibt es immer frisch und spannend.
musix: Du machst ja schon sehr lange Musik in unterschiedlichen Konstellationen. Wie schwer ist es bei einer solchen Karriere eine stimmige Setlist zusammenzustellen?
Gotz Widmann: Es gibt gar keine Setlist, das passiert jeden Abend von selber. Und das Problem ist eher die ganzen Songs, die ich in all den Jahren geschrieben habe in einem Abend unterzubringen. Ich gebe ziemlich viele Zugaben gerade jeden Abend, anders geht es gar nicht.
musix: Kannst du ein „typisches“ Götz Widmann-Konzert mit ein paar Schlagworten abschließend beschreiben?
Gotz Widmann: Das Schöne daran ist, dass es immer wieder anders ist. Irgendwo zwischen Party und Kulturprogramm. Gute Laune steht auf jeden Fall im Vordergrund, aber es gibt auch schon den einen oder anderen tiefen Moment. Ich möchte den Menschen, die in meine Konzerte kommen, einen kleinen musikalischen Kurzurlaub bescheren. Ich liebe das Gefühl in strahlende Gesichter zu schauen, und dafür gebe ich alles, was ich kann.
BLÜTENDUFT, Ahuga
11.12.24-15.2.25, Götz Widmann
Veranstaltungen:
11.12.24 Saarbrücken, Garage
12.12.24 Aachen, Barbarossa
13.12.24 Mainz, schon schön
14.12.24 Heilbronn, Maschinenfabrik
18.12.24 Bochum, Bahnhof Langendreer
19.12.24 Bonn, Harmonie
20.12.24 Wuppertal, LCB
21.12.24 Mönchengladbach, Projekt 42
03.01.25 Köln, Gloria Theater
04.01.25 Friedberg, Kaktus
07.01.25 + 08.01.25 Leipzig, Moritzbastei
09.01.25 Rostock, MAU Club
10.01.25 + 11.01.25 Berlin, SO36
17.01.25 Hannover, Faust
18.01.25 Bremen, Schlachthof
23.01.25 Nürnberg, Hirsch
24.01.25 München, Backstage
25.01.25 Stuttgart, Club Cann
30.01.25 Braunschweig, Brunsviga
31.01.25 Kiel, Die Pumpe
01.02.25 Hamburg, Markthalle
06.02.25 Fulda, Kulturkeller
07.02.25 + 08.02.25 Erfurt, Museumskeller
13.2.25 Trier Mergener Hof
14.2.25 Wermelskirchen AJZ Bahndamm
15.2.25 Münster Sputnikhalle
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