„Glück ist, wenn man Pecht hat, es aber nicht merkt.“ Für diesen sensationellen Satz wurde das fränkische Humoristen-Paar Heißmann und Rassau jüngst mit dem Karl-Valentin Orden der Münchner Narrhalla ausgezeichnet. Glück ist aber auch, wenn man als Gitarrist und Bandleader das Pech hat, auf seinen Bassisten verzichten zu müssen, aber merkt, dass hier der Mann vom Merch kurzerhand einspringen kann. Oder um es mit einem anderen fränkischen Sprichwort zu sagen: Wer dou is, doud mid! Übersetzt bedeutet das, wer da ist macht mit. Aber jetzt noch mal von vorne. In den Kammerspielen in Ansbach startete der britische Blueser Aynsley Lister am 4. Oktober seine Deutschland-Tournee. Allerdings musste er das ohne seinen Stamm-Bassisten Jono Martin tun. „Der hat leider seinen Terminkalender nicht so gut im Griff und muss die Hochzeit eines Freundes organisieren“, erzählt er lachend. „Aber an ihn hier könnt Ihr Euch vielleicht trotzdem erinnern“, stellt er den Ersatzmann Niles Boyten vor. „Er ist schon lange bei uns auf Tour dabei und verkauft T-Shirts, CDs und so ein Zeug.“ Weil Boyten aber daneben in England ebenfalls als Musiker tätig ist, stand er nun kurzerhand erstmals mit auf der Bühne. Und so viel sei schon mal vorweg gesagt. Er machte einen fantastischen Job bei einem wieder mal großartigen Lister-Konzert. Dass man wohl aufgrund der kurzfristigen Besetzungsänderung an diesem Abend auf etwas komplexere Titel wie „Eve Part 1“ vom aktuellen Album „Along For The Ride“ verzichten musste, machte die offensichtliche Spielfreude des Trios mehr als wett. Vor allem Boyten hatte einen Dauer-Smile im Gesicht. Mit Aynsley Lister und seinem langjährigen kongenialen Drummer Craig Bacon zu spielen, muss aber auch für jeden Musiker die reine Freude sein. Diese swingende und dynamische Mischung aus tief im Blues verwurzelter Rockmusik mit eingängigen und manchmal fast schon poppig melodiösen Hooklines packt einen immer wieder von der ersten Konzert-Minute an. Dazu kommt Listers geniales Gitarrenspiel, das einen manchmal fast einen irgendwo versteckten zweiten Gitarristen auf der Bühne glauben lässt. Lister-Songs können sich in kürzester Zeit von einem leise anschleichenden Blues zu einem Rockgewitter entwicklen, das auf alte Scheiben von Deep Purple passen würden.
Und last but not least ist der 48-Jährige Brite im Gegensatz zu vielen anderen Kollegen des Genres nicht nur ein singender Gitarrist, sondern hat sich im Laufe der letzten 20 Jahre auch zu einem herausragend guten Sänger entwickelt, der mühelos zwischen Brust- und Kopfstimme wechseln kann. Was er an diesem Abend unter anderem mit „Word Is Falling“ eindrucksvoll unter Beweis stellt. Neben Songs von den letzten drei Alben führt in seine Werkschau aber mit Titeln wie „Soundman“ auch weit zurück zu den Anfängen seiner Karriere. Der Text ist eine kleine Abrechnung mit einem Tontechniker, mit dem Lister schlechte Erfahrungen gemacht hat. Mazte von den Ansbacher Kammerspielen, der an diesem Abend an Mischpult steht, muss so etwas in jedem Fall nicht befürchten. Denn mit dem Sound, den er in diese wunderbare Location zaubert, trägt er einen entscheidenden Teil zu diesem fantastischen Konzertabend bei. Und natürlich auch Niles Boyten, der sich direkt nach Konzert-Ende seine blaue Kasse schnappt, um seiner eigentlichen Tätigkeit als Merch-Verkäufer nachzugehen. Und dort darf er dann erstmals gemeinsam mit Lister und Bacon auch die Platten- und CD-Cover signieren.
„Ich komme immer wieder so gerne nach Deutschland“, sagt Lister auf der Bühne. Und die Blues-Fans in Deutschland können sich immer freuen, wenn Aynsley Lister kommt. Wer die Chance hat, sollte sich einen der kommenden Termine nicht entgehen lassen.
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