Vollblutmusiker- Hans-Rock-in- allen-Gassen Oliver Hartmann hat mit der nach ihm benannten Hard-Truppe eine neue Scheibe klargemacht. Und es geht natürlich auch auf Tour. Mehr zu Leidenschaft und live verriet der viebeschäftigte Sänger und Gitarrist im musix-Interview:
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musix: Kleine „blöde“ Frage zum Anhang. Gotthard wurde zu Beginn mit dem Slogan „Gott sind die hart“ beworben. Schon mal auf dich bezogen darüber nachgedacht „Gott ist der Mann hart“ zu verwenden. Oder hat das schon mal jemand gemacht?
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Oliver Hartmann: Ein eher interner Running Gag war bei uns über viele Jahre der Spruch „Ganz schön hart, Mann“.:) Ich selbst habe aber eigentlich nie ernsthaft über solche Werbeslogans nachgedacht, zumal sie zu mir als Person, Musiker und damit auch zu dem, was wir als Band machen, nie wirklich gepasst hätten. Ich auch nie ein sogenannter „Schubladendenker“, eher sogar das Gegenteil davon. Und das versuche ich auch mit dem, was Hartmann musikalisch ist, beizubehalten. Chris Werr, ein Freund von mir aus Jugendtagen, der lange in L. A. gelebt und dort zeitweilig auch für Ahmed Zappa und Zakk Wylde getrommelt hat, schmiss vor Jahren einmal als Beschreibung den Begriff „Heart Rock“ in den Ring. Ich denke, damit lag er gar nicht so falsch: Rockmusik mit Herz und Seele.
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musix: Spaß beiseite. Der Titelsong und Opener vom neuen Album ist ja ein echter Gassenhauer! Stand von vorne herein fest, dass damit begonnen werden muss?
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Oliver Hartmann: Auf jeden Fall! Diesen Song und den gleichnamigen Titel des Albums hatte ich schon lange vor Fertigstellung des Albums im Kopf. Auch war irgendwie klar, dass dies die erste Single sein wird. Einerseits ist es natürlich eine augenzwinkernde Anspielung auf unser zwanzigjähriges Jubiläum als Band und alles, was wir zusammen erlebt haben, andererseits aber auch ein Statement zum gesamten Musikbusiness, welches sich in den letzten zwei Jahrzehnten alleine durch die Digitalisierung noch einmal sehr stark verändert hat. Für kreative Musiker und Künstler wie mich sowie fast alle anderen da draußen aber leider nicht zum Positiven, da eigentlich kaum einer mehr bereit ist für das Hören von Musik irgendetwas zu bezahlen. Was ich übrigens sogar nachvollziehen kann, wenn alles mehr oder weniger kostenfrei auf den entsprechenden Portalen zur Verfügung steht. Ausgenommen hiervon sind Tickets für Livekonzerte und Festivals, die auch infolge dessen immer teurer werden. Teilweise echt absurd teuer! Ich weiß: Alles nix Neues 😉 Und trotzdem machen wir Musiker bis auf Ausnahmen irgendwie alle weiter, ohne uns bremsen zu lassen. Die meisten wie ich aus der tiefen Verbundenheit zu Musik, die man auch weder abstellen kann noch will. Und sei es nur für uns selbst und eine Handvoll Menschen, die den Wert dieser „Arbeit – und etwas anderes ist es am Ende des Tages nicht, wenn man als Musiker davon leben möchte oder sogar muss – noch zu schätzen wissen. Ich denke, der Refrain des Songs „Twenty times colder but the flame is still alive“ beschreibt ganz gut, warum wir alle weitermachen.
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musix: Nummer zwei ist dann eher ein cooler Groover?
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Oliver Hartmann: Ja, das beschreibt es ganz gut. „No one but you“ hat einerseits eine Menge Bluesrock-Gene, ist aber auch gleichzeitig irgendwie heavy, modern und lädt zum Mitgrooven ein. Er wird definitiv auch zur Setlist der jetzt anstehenden Tour gehören.
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musix: Überhaupt ist die Platte ziemlich variantenreich. Balladen u.a. sind auch dabei?
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Oliver Hartmann: Für mich persönlich ist sogar das variantenreichste und ausgereifteste Album, das wir bis dato aufgenommen haben. Trotzdem greift alles musikalisch ineinander und hat immer den klaren Stempel „Made by Hartmann“, wenn man das so nennen mag. Wenn es um die Balladen und ruhigeren Stücke geht, die auch auf diesem Album nicht fehlen dürfen, sind wir wieder beim Begriff „Heart Rock“.:) Ich denke, dass ein Hörer bei Balladen und ruhigen Songs oft den tiefsten und vielleicht sogar ehrlichsten Einblick in das Innerste eines Musikers erhält. Hier braucht es manchmal auch gar nicht mehr außer einer Stimme und vielleicht noch einer Gitarre oder einem Klavier, um wahre und authentische Gefühle zu transportieren. Man legt ein Stück seiner seine Seele offen und transportiert mit Musik all die Emotionen, die eigentlich fast jeder Mensch kennt – oft auch ganz unabhängig von der verwendeten Sprache.
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musix: Dezent proggig ist es auch stellenweise? Kannst du als Sänger der Pink Floyd-Tribute-Band Pulse deine progressiven „Neigungen“ nicht vollends unterdrücken?
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Oliver Hartmann: Nein, das lässt sich natürlich kaum verbergen. Und das ist auch gut so. Ich denke jeder Musiker ist mit seiner Art sich ausdrücken irgendwie das Ergebnis zahllosen musikalischen Eindrücken, die er angefangen bei Kindheit und Jugend bis zum heutigen Tag aufgenommen und abgespeichert hat. Meine persönlichen Wurzeln gehen da von Platten meiner Eltern wie Abba, den Beatles und jeder Menge Klassik bis hin zu allem, was mich später in Sachen Musik interessiert hat. Dabei sprechen wir von Singer/Songwritern wie Billy Joel, Simon & Garfunkel, jeder Menge gitarrenlastigem Rock bis Metal von AC/DC über Gary Moore, Deep Purple, Rainbow, Whitesnake, Van Halen oder eben auch Pink Floyd. Neben der einzigartigen Musik und auch Lightshow, mit der die Band eine gesamte eine Ära auf ihre unnachamliche Art und Weise geformt hat, war für mich als Gitarrist natürlich auch David Gilmour ein Einfuss. Neben seinem einzigartigen Sound und Ton hat mich wenn auch erst später das sogenannte „Weniger ist mehr“ sehr beeindruckt. Ähnlich übrigens dem leider verstorbenen Jeff Beck. Wenn ich also heute als Gitarrist und Sänger eines erfolgreichen Tributes wie Pulse diesen besonderen Vibe von Pink Floyd einerseits möglichst authentisch und doch mit einer persönlichen Note weitertransportieren kann, dann freut mich das sehr!
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musix: Apropos Pulse mit denen bist du viel unterwegs. Die berühmte Frage: Würdest du dich als Workaholic bezeichnen?
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Oliver Hartmann: In gewisser Weise schon. Ich denke, wenn man wirklich für das brennt, was man tut und darin aufgeht, dann ist es so gut wie unmöglich faul zu sein.:) Keiner kann natürlich dauerhaft auf einem Level von gefühlt 120 Prozent arbeiten, sonst brennt man eben irgendwann aus. Egal in welchem Beruf. Und viele sind daran auch kaputt gegangen. Wenn man aber als Künstler lernt, mit dieser nennen wir sie mal „kreativen Extraenergie“ einigermaßen gesund umzugehen, dann lässt sie sich in bestimmten Phasen durchaus sehr gut nutzen, um etwas Neues und im besten Fall sogar Besonderes hinzukriegen. Mit zunehmendem Alter wurde mir aber auch immer mehr bewusst, dass das Leben aus weit mehr als nur Musik besteht und dass eben Familie und Privates auch eine wichtige Rolle spielen. Glücklicherweise holt mich in bestimmten Phasen auch meine Frau immer wieder aus meinem Paralleluniversum ab, um Zeit mit ihr im Hier und Jetzt zu verbringen.:)
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musix: Jetzt aber erst mal auf Tour mit Hartmann. Mit jetzt insgesamt zehn Album habt ihr ja ein großes Repertoire. Wie schwierig ist es da eine Setlist zu erstellen?
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Oliver Hartmann: Das ist bei insgesamt rund 130-140 Songs, die bei Hartmann zur Auswahl stehen, tatsächlich irgendwann gar nicht mehr so einfach. Aber wir werden neben neuen Tracks und einem gewissen „Best Of“-Repertoire auf jeden Fall für unsere Fans auch einige selten oder noch nie live gespielten Songs aus den letzten zwanzig Jahren auspacken. Es wird sich also auf jeden Fall auch für die lohnen eine Show zu besuchen, die uns vielleicht schon mehrfach live gesehen haben.
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musix: Werden ihr „Valentine’s Day“ spielen? Ist mein Lieblingssong. Super Refrain und super catchy!
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Wie schon erwähnt werden wir einige Songs des neuen Album „Twenty Times Colder“ auf dieser Tour spielen, aber welche genau es sein werden, möchte ich an dieser Stelle noch nicht verraten. Lass Dich überraschen!
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musix: Hast du auch eine derzeitige Lieblingsnummer?
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Oliver Hartmann: In meiner Rolle als Haupt-Songschreiber, -Texter, -Arrangeur und auch Produzent von Hartmann stecke ich da selbst viel zu tief drin, um Dir da überhaupt eine passende Antwort zu geben. Ich habe allerdings dieses Mal besonders großen Wert darauf gelegt, wirklich nur Songs auf das Album zu packen, bei denen ich das Gefühl hatte, dass es zu diesem Zeitpunkt die besten von allen sind. Da wurde auch jeder in der Band mit seiner Meinung einbezogen sowie natürlich auch mein langjähriger Co-Produzent, Engineer und Avantasia-Weggefährte Sascha Paeth. Und das war auch wichtig, denn alleine für dieses Album gab es insgesamt mehr als 30 Songs und Songideen, die auch teilweise schon mehrere Jahre auf der Festplatte geschlummert haben, nie richtig fertiggestellt wurden oder vielleicht auch nicht zum jeweiligen Album gepasst haben. Ich bin auf jeden Fall rundum zufrieden und ehrlich gesagt auch ein bisschen stolz auf dieses Album. Mit Sicherheit ist der Titeltrack, der auch als Single ausgekoppelt wurde, ein sehr eingängiger und markanter Song, aber auch der letzte Track „Remember me“ transportiert für mich etwas ganz Besonderes. Vielleicht sogar genau etwas, was uns ausmacht. Aber wer weiß das schon selbst. Daher überlasse ich es mal den Journalisten, Hörern und Fans dieses Album zu beurteilen und herauszufinden, was ihre jeweiligen persönlichen Favoriten sind.
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musix: Du hast eine markante Stimme, spielst aber auch markant Gitarre. Siehst du dich eher als Sänger oder eher als Gitarrist?
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Oliver Hartmann: Ich bin schon lange beides in Personalunion, daher kann ich das eigentlich gar nicht mehr trennen. Bei Avantasia war ich zumindest live immer mehr Gitarrist als Sänger, bei „Rock meets Classic“ ebenfalls, bei anderen Projekten und Bands wie At Vance oder anderen teilweise auch nur Sänger. Ich fühle mich aber in der Doppelrolle definitiv am wohlsten, da ich mich als Musiker so auch am besten ausdrücken und verwirklichen kann.
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musix: Höre ich da auf „Heart Over Mind“ eine Slidegitarre? Sehr cool!
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Oliver Hartmann: Das stimmt! Dieser Song ist übrigens das beste Beispiel für das, was ich vorhin als „Festplattenleiche“ bezeichnet habe. Er ist seit Jahren und aus verschiedenen Gründen immer wieder hinten runtergefallen, obwohl es immer ein wie ich finde toller Song war. Nun ja, diesmal hat es ja mit der Teilnahme geklappt.:) Ich mochte Slidegitarre schon immer, unter anderem auch, weil man durch das besondere Vibrato dem Ton extrem viel Ausdruck verleihen kann, was wiederum der Gesangsstimme nicht unähnlich ist. Ich finde es einfach auch immer wieder spannend, Elemente in die eigene Musik zu integrieren, die nicht ganz so stereotyp für das sind, was man allgemein als Hard Rock bezeichnet.
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musix: Und die schöne Akustikgitarre auf der letzten Nummer „Remember Me“ ist auch cool. Der Song wird ja noch richtig hymnisch zum Schluss?
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Oliver Hartmann: Der Song hat auf jeden Fall einen sehr hymnischen Charakter und die Akustikgitarre auf eine bestimmte Art und Weise dieses Nahe und Intime, über was wir eben beim Thema Balladen gesprochen haben.
musix: Schließt das Album sehr stimmig ab!
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Oliver Hartmann: Vielen Dank! Irgendwie war mir auch schon beim Komponieren des Songs schnell klar, dass er einfach an das Ende Albums gehört. Einerseits wegen seines besonderen Schlusscharakters, wenn man das so nennen möchte, und natürlich auch aufgrund des Textes, der sich mit Vergänglichkeit, Erinnerungen und mit dem, was vielleicht mal bleibt, auseinandersetzt. In Falle des Musikers wie hier wahrscheinlich ein Stück weit seine Musik, bei anderen Menschen können es Bilder, Ereignisse, Fotos oder Begegnungen sein. Das kann bei jedem sehr individuell. Wichtig ist nur, dass man sich im besten Fall an etwas Gutes erinnert. Das klingt aus meinem Mund jetzt ganz schön nach Endzeitstimmung, aber keine Angst: Mir geht es bestens und ich habe noch einiges vor!:)
TWENTY TIME COLDER, Pride & Joy Music
13.9.-30.10.25, Sonic 11 Records
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Veranstaltungen:
13.09.25 Altengronau, Sinner Rock 17.09.25 Nürnberg, Hirsch
19.09.25 Dortmund, Piano
20.09.25 Worpswede, Music Hal
26.09.25 Fulda, KUZ Kreuz
27.09.25 Aschaffenburg, Colos-Saal
17.10.25 Inning a. A., Groundlift Stegen
18.10.25 CH-Trübbach, Jonnys Lion
24.10.25 Bensheim, Musiktheater Rex
25.10.25 Waldbronn, Soundcheck One
30.10.25 Bonn, Harmonie
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